Im Frühjahr interviewten wir Christof und Matthias über ihre Erwartungen, kurz bevor sie in ihre Väterkarenz (auch als Elternzeit bekannt) gingen. Die Phase, in der sie als Vollzeitväter tätig waren, ist mittlerweile vorbei. Beide charakterisieren diese Periode als von unschätzbarem Wert und äußerst bereichernd. In den Interviews erfahrt ihr, welche Erfahrungen sie gemacht haben und inwiefern sich ihre Perspektive auf Familie, Partnerschaft und den Berufsalltag verändert hat.
- Autorin
- Sabrina Fleisch
- Datum
- 13. August 2025
- Lesedauer
- 11 Minuten
Im Gespräch mit Christof, Product Owner & Coach
Wie hast du deine Elternzeit erlebt? Was waren die besonderen Höhepunkte und Schwierigkeiten, die du erlebt hast?
Es war wirklich spitze! Ich empfehle es wärmstens weiter. Die Zeit mit dem Kind ist äußerst bereichernd und ermöglicht es, sämtliche Aspekte des Elternseins zu entdecken. Für mich war das größte Erlebnis die Zeit, die ich allein mit meinem Sohn genießen durfte. Der gesamte mentale Druck, der normalerweise im Alltag präsent ist, war auf einmal nicht mehr vorhanden. Die gesamte Aufmerksamkeit richtet sich darauf, den Tag gemeinsam mit dem Kind zu verbringen und die Aktivitäten zu genießen, die uns beiden am meisten Freude bereiten. Es war deutlich zu erkennen, wie sich die Verbindung im Laufe der Wochen intensiviert hat. Unerwartet wirst du als Vater zu einem bedeutenden Teil des Lebens deines Kindes und hast die Möglichkeit, es nachts zu trösten, nicht nur die Mutter.
Wir haben zahlreiche erfreuliche Aktivitäten erlebt – wir sind gewandert, haben gemeinsam in einem Café ein Croissant genossen oder uns auf dem Spielplatz beim Schaukeln vergnügt. Es ist erstaunlich beruhigend, sich ganz auf den Augenblick einzulassen und zusammen einige Steine in den Fluss zu werfen. Die kleinen Details haben für mich die Karenz zu etwas Besonderem gemacht.
Hattest du während deiner Väterkarenz mit Herausforderungen oder unvorhergesehenen Problemen zu kämpfen?
Im Grunde genommen verliefen die meisten Angelegenheiten äußerst problemlos. Ein Learning für mich war, dass mein Sohn nach einer Wanderung in der Kraxe top fit und ausgeschlafen ist, während ich selbst ziemlich müde bin. Das tat dann weh! (lacht) Die Strukturierung des Haushalts sowie die damit einhergehende Care-Arbeit stellte ebenfalls eine faszinierende Herausforderung dar. Häufig ist es mir nicht gelungen, abends ein schmackhaftes Gericht für meine Partnerin zuzubereiten, obwohl ich tagsüber für mich und den Kleinen ausgezeichnete Mahlzeiten zubereitet habe. Das benötigt schlichtweg mehr Zeit. Die vergangenen zwei Monate waren eine äußerst erfreuliche Phase. Nahe dem Ende der Elternzeit wird jedoch deutlich, dass der Geist erneut nach neuen Herausforderungen strebt.
In welcher Weise hat sich deine Perspektive auf deine Tätigkeit oder deine Position im Unternehmen gewandelt?
Es ist zwar nicht übermäßig gravierend, doch beim Essen mit meinem Sohn hat sich eine Erkenntnis gefestigt, die ich bereits im vorherigen Interview angedeutet hatte: Ihm den Löffel eigenständig in die Hand zu geben und die Dinge ihren Lauf nehmen zu lassen. Ich habe erkannt, wie entscheidend es ist, dem Kind die Möglichkeit zu geben, diese Erfahrungen eigenständig zu sammeln, um daraus zu lernen. Es verbesserte sich mit jedem Tag mehr.
Ich habe ebenfalls einige nützliche Kniffe entdeckt, die mir helfen, das Durcheinander erträglicher zu gestalten, wie etwa ein Geschirrtuch um den Hals zu tragen und es unter den Teller zu legen. Meine Lebensgefährtin hat mich in dieser Hinsicht stark motiviert, und ich bin überzeugt, dass er unter ihrer Anleitung noch rascher Fortschritte gemacht hätte als bei mir! 😉 Dies kann hervorragend auf den Berufsalltag angewendet werden. Es ist nicht erforderlich, jede Kleinigkeit im Detail zu überwachen. Obwohl zu Beginn nicht alles reibungslos verläuft, wird sich die Situation langfristig verbessern. Darüber hinaus ist mir klarer geworden, wie entscheidend es ist, der Arbeit nicht zu viel Platz im Leben einzuräumen. Es ist für den Partner, der sich um das Kind kümmert, äußerst erfreulich, wenn der andere rechtzeitig und zuverlässig nach Hause kommt.
Wie war deine Erfahrung beim Wiedereinstieg?
Der Rückkehrprozess verlief äußerst erfolgreich. Der Hauptgrund dafür war, dass mir das Team stets den Rücken gestärkt hat; insbesondere meine Vertretung, Mathias, hat eine ausgezeichnete Leistung erbracht. Zweifellos war es eine Herausforderung für ihn, doch er hat mir den Rückweg erheblich erleichtert und alles hervorragend organisiert. Ich erhielt sogar eine Übergangsphase, um meine Aufgaben erneut in Angriff zu nehmen. Selbstverständlich musste eine Menge aufgearbeitet werden, um das Wissen auf den aktuellen Stand zu bringen. Im privaten Bereich tritt nun eine neue Etappe ein, da meine Partnerin wieder in Teilzeit mit 50% tätig ist, während ich Vollzeit mit 100% arbeite.
Welchen Rat würdest du Vätern geben, die darüber nachdenken, ob sie in Elternzeit oder Karenz gehen möchten?
Auf alle Fälle machen! Optimal wäre es, wenn die Partnerin tatsächlich für eine Weile abwesend ist, oder man gemeinsam in den Urlaub reist, was ebenfalls sehr angenehm ist. Dennoch ist die Erfahrung, allein mit dem Kind zu verbringen, einfach unvergleichlich. Du fällst deine eigenen Entscheidungen und gehst möglicherweise andere Wege als deine Partnerin. Auf diese Weise entstehen erst gar keine Debatten. Es existieren stets verschiedene Möglichkeiten, um ein Ziel zu erreichen!
Wenn du die Möglichkeit hättest, etwas an der Gestaltung der Väterkarenz in Österreich zu optimieren, welche wären das?
Im Allgemeinen empfinde ich den Aufbau sowie die unterschiedlichen Modelle der Karenz als ziemlich verwirrend. Man könnte das zweifellos erleichtern, ebenso wie den Prozess zur Antragstellung. Meiner Ansicht nach würde es sich nachhaltig positiv auswirken, wenn die Elternzeit tatsächlich gleichmäßig, also 50/50, zwischen den beiden Elternteilen aufgeteilt werden könnte. Es ist erforderlich, für beide Geschlechter identische Voraussetzungen zu schaffen, um die Gleichheit der Chancen zu unterstützen.
Im Gespräch mit Matthias, CEO & Gründungsmitglied
Deine zweite Väterkarenz neigt sich nun dem Ende zu. Welche unerwarteten Ereignisse – sowohl erfreuliche als auch weniger erfreuliche – sind dir diesmal im Vergleich zu deiner ersten Elternzeit vor drei Jahren begegnet?
Ich war angenehm überrascht, wie reibungslos die Eingewöhnung meines Sohnes in die Spielgruppe verlaufen ist. Obwohl es einige Herausforderungen gab und es etwas Zeit in Anspruch nahm, war das Ergebnis letztlich erfreulicher als angenommen. Vielleicht war es ungünstig, dass ich bei Fusonic mehr gefordert wurde, als ich ursprünglich angenommen hatte. Obwohl ich es nicht geschafft habe, die ideale Lösung - mich vollständig aus dem Berufsleben zurückzuziehen - zu realisieren, war diese Zeit dennoch äußerst bereichernd. Die Reaktion unseres Kindes hat mir sehr deutlich gezeigt, dass die intensive gemeinsame Zeit für die Bindung sehr wichtig ist. Es ist eine Zeit, die man ansonsten einfach nicht hätte und die auch später nicht aufgeholt werden kann. Den Alltag zusammen zu verbringen, die tägliche Care-Arbeit zu übernehmen und primär für die Familie da zu sein, ist etwas, das man sich nur durch eine bewusste Auszeit wie diese ermöglicht.
Welche Unterschiede gab es zwischen deiner ersten und deiner zweiten Karenz?
Die erste Karenz war definitiv viel mehr eine echte Auszeit als die zweite. Damals war ich wirklich für zwei bis drei Monate komplett aus dem Arbeitsalltag raus. Das hat beim zweiten Mal nicht so gut geklappt.
Du hast bei unserem letzten Interview gesagt, eine längere Auszeit wäre aktuell nicht praktikabel. Hat sich deine Einschätzung nach dieser kürzeren Elternzeit bestätigt? Und wie ist es dir gelungen, bei ausgewählten Themen von Fusonic »am Ball zu bleiben«?
Wie so oft, war es auch ein Abwägen von Interessen. Tagsüber konnte ich mich gut auf meinen Junior konzentrieren. Ich habe nur gearbeitet, wenn er betreut war oder geschlafen hat. Für unsere Beziehung war es gut, aber es war keine »entspannte Familienzeit« für mich. Dadurch, dass meine Frau in dieser Zeit nicht Vollzeit gearbeitet hat, hatte ich etwas mehr Flexibilität. Dennoch war es so, wie ich es erwartet hatte: Ich konnte die positiven Seiten ausgiebig genießen, auch wenn es phasenweise sehr anstrengend war, wichtige berufliche Themen nebenher weiterzubringen.
Welche konkreten Learnings nimmst du aus dieser zweiten Karenz mit, die du direkt in deinen Alltag als CEO bei Fusonic integrieren kannst – sei es in Bezug auf Führung, Teamzusammenarbeit oder die Unternehmenskultur?
Konkrete, direkte Learnings sind schwierig zu benennen. Was mir aber persönlich aufgefallen ist: In der Kindererziehung bin ich oft viel konsequenter und es fällt mir leichter, auch mal streng zu sein, als im Team mit Erwachsenen. Außerdem habe ich erkannt, dass ich mich in manchen Bereichen ersetzbarer machen sollte. Daran kann ich jetzt arbeiten. Ich glaube, in weiten Teilen würde es sicher funktionieren, und dieses Mal war ich sehr zurückhaltend, anderen noch mehr Aufgaben aufzubürden.
Du hast betont, wie wichtig die Abgrenzung ist, um eine Karenz wirklich als Auszeit zu erleben. Gab es Momente, in denen dir das schwer fiel, und welche Strategien haben dir geholfen, wirklich rauszukommen?
Dieses Mal ist es mir schon schwergefallen. Die Abgrenzung im Sinne von »Ich fokussiere mich für 2 Monate voll auf mein Privatleben und lass Gmail, Slack & Co geschlossen«, das hat nicht funktioniert. Das war mir dieses Mal aber auch schon vorher klar und nicht mein Anspruch.
Nach zwei Väterkarenzen und deiner Teilzeitrolle als CEO: Was ist dein wichtigstes Fazit für andere Führungskräfte, die darüber nachdenken, ähnliche flexible Wege zu gehen, aber noch Zweifel haben?
Ich würde es auf jeden Fall wieder machen, immer angepasst an die jeweilige Situation. Dieses Mal wäre es vielleicht besser gewesen, noch mehr Dinge abzugeben. Ich war zu sehr in der Grundhaltung »Ich bin für Kleinigkeiten oder Dringendes dann eh verfügbar, also versuche ich x, y und z gar nicht erst abzugeben«. Hätte ich ein paar Dinge noch abgegeben oder sie gedanklich einfach auf »Pause« gestellt, dann hätte ich die zwei Monate vielleicht noch ein bisschen ruhiger gehabt, weil dann wirklich nur die außergewöhnlichen Dinge angefallen wären. Selbst wenn man nicht das Ziel hat, 100% weg zu sein, sollte man sich große Mühe geben, möglichst viel loszuwerden in dieser Zeit, damit man nicht zu viele unfertige oder laufende Themen mit sich herumträgt.
Mein Fazit: Es war auch dieses Mal eine sehr wertvolle Zeit, über die ich sehr glücklich und für die ich sehr dankbar bin. Dass es zuweilen auch aufgrund beruflicher Herausforderungen anstrengend war, ändert daran nichts. Ich würde es wieder machen und es jedem nahelegen, im Rahmen der eigenen Möglichkeiten auch einen Vaterschaftsurlaub oder eine (zumindest teilweise) Elternzeit für die Familie zu machen.
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